Die Entstehung des Dorfes Hinrichstorpe soll vermutlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts liegen, wo die Markgrafen Johann und Otto an neuansiedelnde Bauern und Kossäten ihr Ackerland verpachteten. Der Ortsname soll auf den einsten Gründer mit dem Namen Heinrich zurückzuführen sein, der im Dorf eine Holzkirche bauen ließ. Erstmalig erwähnt wurde Heinersdorf im Jahre 1302, wovon auch ein Siegel der Kirchengemeinde zeugt. Das Heiliggeist-Hospital von Berlin war zwischen 1319-1539 im Besitz des Dorfes Hinriksdorf. Mit der Erwähnung im Jahr 1319 wurde beurkundet, dass der Markgraf Woldemar das Dorf für 150 Mark brandenburgischen Silbers an das Spital der ältesten Berliner Stiftung ging, die 1272 durch Bäcker ins Leben gerufen wurde. Später beteiligte sich auch das Schneiderhandwerk an dieser Stiftung, die es 1288 in ihrem Privilegium erwähnen. In diesem Besitz befand sich Heinersdorf bis 1539. Das Spital hatte auch das Patronatsrecht über die Kirche, die obere und untere Gerichtsbarkeit, Geld- und Kornabgaben, Wagendienste und Holzungen. Von jedem Hufen mussten 6 Schfl. Roggen, 6 Schffl. Hafer an Pacht sowie 26 Pfennig an Zins, aber keine Bede entrichtet werden. Kossäten und der vorhandene Krüger mussten 16 Schillinge und 15 Hühner entrichten. Das Heiliggeist-Hospital legte ein Vorwerk an wozu auch die vier Kirchenhufen gehörten. Später wurde das Vorwerk aufgelöst und die gesamten Hufen an die Bauern verpachtet.
Mit der Aufnahme des Dorfes in das Landbuch Karl IV. findet sich für Heinersdorf die verwendete Bezeichnung „Hennichstorf“, „Heynrichstorff“, „Hinrichstorff“ und „Heynrichstorff prope Berlin“. Schon zuvor um 1319 nannte man es „Hinrickestorppe“. Spätere Bezeichnungen waren 1450 „Hinrestorff“, 1541 im Steuerregister „Henerstorp“ und im Schoßkataster von 1624 „Heinerstorff“. Wechselnde Besitzer waren dann die Folge, bevor die Familie von Fuchs 1691 für kurze Zeit das Dorf erwarb. Das Heiliggeist-Hospital hatte weiterhin Eigentumsanteile an dem Vorwerk und dessen Einnahmen, von denen sich der Magistrat als Patron des Hospitals im Jahr 1718 trennte. Mit allen Hebungen und Rechten ging das Dorf an die kurmärkische Amtskammer für 3.950 Thlr. Heinersdorf ging dann in die Landesherrschaft des Amtes Niederschönhausen über. Dort verblieb Heinersdorf bis 1812, später wurde es dem Amt Mühlenhof unterstellt.
Heinersdorfer Krug um 1907Im Dorf gab es neben Voll- und Halbbauern, Kossäten, Hüfner, die Getreidemühle, eine Laufschmiede und ein Krug. Im Landbuch Karl IV. wurden 1375 bei einer Aufnahme des Bestandes seiner Ländereien 36 Hufen aufgenommen, wovon vier Hufen der Pfarrhof hatte. Zwölf Hufen gehörten dem Heiliggeist-Hospital, welche ihren eigenen Acker selbst bestellten. Der jeweilig amtierende Vorsteher des Hospital-Vorwerks sorgte für die Bewirtschaftung der eigenen Hufen und musste dem Stadtrat davon Rechnung legen. Es gab zu dieser Zeit neun Kossäten und einen Krug. 1527 wurden nur noch 33 Hufen und 1541 nur noch 32 Hufen für Heinersdorf verzeichnet. 1624 werden in einem Verzeichnis zehn Hüfner, ein Hirte und zwei Kossäten im Ort genannt. Die Hufenanzahl zur letzten Nennung blieb gleich. Anno 1734 gab es in Heinersdorf eine Laufschmiede, 1776 wurde daneben noch ein Hirte und dessen Knecht genannt. Mitte des 19. Jahrhunderts (1860) gab es neben den Bauerngehöften zwei Windmühlen, vier Getreidemühlen, eine davon war eine holländische Getreidemühle. Die genannten Mühlen befanden sich zum einem auf einem Hügel nahe des späteren Wasserturmes, die andere Mühle befand sich auf dem Grundstück des späteren Industriegeländes. Vier öffentliche Gebäude, über zwanzig Wohn- und dreiundfünfzig Wirtschaftsgebäude zählten zum Inventar des Dorfes. Dazu gesellten sich Mitte des 19. Jahrhunderts einige erste Handwerker.
Seilwerke Paul Volkmann in Berlin-HeinersdorfIn der Neukirchstraße 62 befand sich die 1865 gegründete Berliner Seilfabrik Paul Volkmann, dessen Ladengeschäft sich in der Weddinger Badstraße 18 befunden hatte. In Heinersdorf roduziert wurden Hanf- und Drahtseile, die an die Armee, Marine, sowie Königliche- und staatliche Behörden sowie Ämter geliefert wurden. Das Unternehmen spezialisierte sich dann später schnell auf die Herstellung von Spezialseilen für die Aufzugsindustrie. Nahezu unbeschadet überstand die Seilfabrik die beiden Weltkriege, bis 1961 die Berliner Mauer gebaut wurde. Viele der Arbeiter und Angestellten die im Westteil lebten konnten nun nicht mehr zur Arbeit und selbst der Eigentümer war daran gehindert seine Fabrik zu nutzten. Die Seilfabrik wurde in der Folge enteignet und verstaatlicht. Der Eigentümer und seine im Westteil lebenden Angestellten gründeten im Westteil Berlins die „Berliner Seilfabrik Robert Schneider KG“ und versuchten das Unternehmen wieder neu aufzubauen. Die Inhaber waren zu dieser Zeit aber schon viel zu alt um einen Unternehmensneuaufbau neu zu starten, welches der zunehmend wachsenden Internationalisierung standhalten konnte. Das Unternehmen ging 1965 über einen Zwischenverkauf (Bauunternehmen Wilhelm Radmer KG) in einen neuen Eigentümer („Berliner Seilfabrik Herrmann Pfeiffer“) über, der das Unternehmen dem Markt anpasste und ein neues Werk in der Reinickendorfer Lengeder Str. errichtete. Anfang der 70er Jahre richtete sich das Unternehmen auf einen neuen Markt aus und begann mit der Produktion von Seilen für Spielzeuggerüste. Das Ostberliner Unternehmen nannte sich „VEB Seilwerke Berlin“ und bestand bis zur politischen Wende, bis es abgewickelt wurde.
Wie im Ortsteil Blankenburg wurde auch Heinersdorf während der Gründerjahre von städtebaulicher Architektur weitestgehend verschont, obwohl Heinersdorf nahe der vom Prenzlauer Tor in Richtung Barnimer Land führende Ausfallstraße lag. Mit der Anbindung des Ortes an das Eisenbahnnetzes nach Bernau 1871 und der Einrichtung des Bahnhofes Pankow-Heinersdorf zog es weitere Gewerke an und die Bevölkerung vermehrte sich zwischen dem alten Dorfkern und dem neuen Bahnhof. Zwischen dem nördlicher liegendem Blankenburg und Buchholz bildeten sich Kleingartenkolonien, die noch heute um dem Wasserturm sichtbar sind. Sie wurden für Arbeiter durch das Rote Kreuz unterstützt. Die dem Ortsteil Pankow zugewandte Seite füllte sich entlang der Verbindung nach Pankow-Heinersdorf mit Einfamilienhäusern.
Heinersdorf Kirche und Margaretenheim 1938Kirche Der einst großzügig angelegte Anger im Dorf verengte sich mit den Jahren auf den heutigen Stand um den Heinersdorfer Krug. Erhalten sind im alten Kern von Heinersdorf die Kirche des Dorfes, die noch Zeugnisse mittelalterlicher Bauweisen aufweist, zu finden in dem vermauerten Feldstein. Die Kirche befand sich wie bei allen anderen umliegenden Dörfern etwa in der Mitte des Angers. Um die Kirche herum gab es eine Feldsteinmauer. Viel ist von der ursprünglichen Bauweise nicht mehr ersichtlich. Die Heinersdorfer Kirche wurde in ihrer Zeit des Bestehens erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Vermutlich wurde die Kirche durch den neuen Patronat, der Heiliggeist-Kirche zu Berlin einem Umbau unterzogen. Außenmauern wurden verändert und vermauerte Fenster entsprechen nicht ihrem Ursprung. Der ehemalige Rechtecksaal ist in dem Baumaterial von regelmäßigen Feldsteinquadern und dem westlichem verbrettertem Dachreiter zu erkennen. Ein schmales Spitzbogenfenster mit Backsteingewände ist noch an der Nordseite der Kirche zu erkennen. Mit Großformatziegeln gerahmte Blende läuft an der Nordwand zu zwei schmalen Spitzbögen aus. Eine ähnliche Gliederung im regelmäßigen Wechsel von Fenster und Zwillingsblende ist ein Parallel zu der Berliner Heiliggeist-Kapelle. Andererseits könnte es aber auch möglich sein, dass zu dieser Zeit die Kirche durch einen massiven Bau ersetz wurde. Auffällig ist auch die an der Südseite befundene ehemalige Vorhalle aus gelben Backstein. An der Südwand sind die eine Vorhalle modern, die andere im westlichen Teil mit ihrem Netzrippengewölbe und Birnstabrippen als Zutat aus der Zeit um 1500 gekennzeichnet. Die Rippen aus dem Gewölbe liegen auf Konsolen, die als Engel gestaltet wurden. Ein weiteres Gewölbe findet sich im östlichen Teil der Heinersdorfer Kirche und zeigt ein barockes Stichkappengewölbe.
Zu den Ausstattungen der Kirche gehörte Mitte des 16. Jahrhunderts ein Kelch, einem Pacem und einer silbernen Monstranz. Von den mittelalterlichen Glocken befindet sich eine beschädigte auf dem Kirchhof. Sie ist die größte von drei Glocken. Die kleinste Glocke stammt vermutlich aus der Zeit um 1300 worauf Schmuckmedaillons mit Engel und einem geflügelten Löwen auf dem Glockenhals hinweisen. Weiterhin zu sehen sind vier in einer Arkade sitzenden Heiligen, dessen zweiter von rechts als Christus zu identifiziert wurde. Die Zeit des Gusses der beiden kleineren Glocken liegt im Anfang des 16. Jahrhunderts.
Pokalförmig, mit einer Höhe von 1,20 m steht im Innern der Kirche die Kalksteintaufe mit einer quadratischen Kuppa. Ihre Messingtaufschale aus Nürnberg wurde 1629 gestiftet und zeigt im Spiegel auf einem Flachrelief das Motiv von Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis. Auf den Brüstungsfeldern ist folgende Inschrift enthalten:
Lasset die Kindlein zv mir kommen vnd wehret ihnen nicht, gehet hin in alle Welt leret alle Heiden vnd taufet sie in den Nahm: Got des Vaters, Sohns vnd Heil: Geist wer glaubt vnd getauft wird, der wird selig amen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde an der Kirche ein Westturm angefügt und in den 30iger Jahren des 20. Jahrhunderts kamen ein Querhaus und ein Rechteckchor dazu. Zahlreiche Umbauten und Erweiterungen ließen nicht mehr viel von den einstigen einschiffigen Feldsteinbau aus dem 14. Jahrhundert übrig. Der Choranbau auf der Ostseite um 1860 wurde Mitte des 20. Jahrhunderts durch Querschiffanlage ersetzt. Der noch erhaltene Westturm blieb in seinem Ursprung erhalten und beherbergt noch die drei alten Bronzeglocken aus dem 15. Jahrhundert. Er wurde aber 1893 erneuert. Aus der Hand von Charles Crodel entstanden die beiden Ostfenster. Im Jahr 1935 wurde von der Orgelbaufirma Schuke eine zweimanualige Orgel mit 20 Registern errichtet.
Das dazugehörige Pfarrhaus ist nicht mehr im Original erhalten, sondern musste einem neuen Bau weichen. Anfang des 20. Jahrhunderts, also um die Jahrhundertwende (so wird der Wechsel um 1900 genannt) bekam die Kirche das Pfarrhaus (1909), das Margaretenhaus und eine Außenmauer mit charakteristischen Torbogen hinzu. Im Inneren des Margaretenhauses befindet sich der Margaretensaal, welcher um 1920 erbaut wurde. Als Diakoniesaal eingerichtet diente dieser auch der Heinersdorfer Kirchengemeinde als Fest- und Veranstaltungsort. Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten wurde der der Margaretensaal im Rahmen eines Tanzballs am 6. Oktober 2007 den Heinersdorfern übergeben.
Heinersdorfer Dorfansicht um 1908Spritzenhaus Sehenswert, das ehemalige Spritzenhaus der hiesigen Feuerwehr am Rande des alten Kirchhofes zeigt ebenfalls wie die Kirche etwas Nostalgisches in seinem Fachwerkgiebel, welcher typisch für dessen Bauweise in der damaligen Zeit um 1750 war. Zu den sehenswerten Gebäuden des Ortes zählen weiter die ehemalige Villa des reichen Pferdehändlers aus dem Jahre 1876, der auf dem Grund eines vierseitigen Bauernhof entstanden ist. Der Pferdezüchter bzw. -händler ließ seiner Zeit auf dem Hof ein Wohnhaus, Stallungen und einen Taubenturm errichten. Mit der stätig wachsenden Einwohnerzahl wurde im Jahr 1890 ein Städtischer Friedhof angelegt. Dieser befindet sich nahe des alten Kirchhofes, also unmittelbar an der Kirche. Die dazugehörige Feierhalle wurde fünfzehn Jahre später gebaut. Die Erbbegräbniswand gibt einen Einblick in lokale Dorfgeschichte und nennt Namen bekannter und weniger bekannter Hofbesitzer. Auf diesem Friedhof liegt auch der ehemalige Heinersdorfer Bürgermeister Friedrich Tinius begraben.
Gruss Aus Berlin-Heinersdorf um die Jahrhundertwende
Friedrich Tinius war zusammen mit seinem Bruder Wilhelm ein bekannter Sauerkrautproduzent in Berlin. Ihr Unternehmenssitz war ein zwischen 1909-11 errichtetet Wohnhaus in der Raumerstraße 37-38 (heute 27). In diesem Haus befanden sich nicht nur die Wohnungen der beiden Brüder, auch Büro- und Lagerräume waren hier untergebracht. Während Wilhelm hier bis an sein Lebensende wohnte, gab sein Bruder Friedrich oft die Adresse der 1896 gegründeten Sauerkrautfabrik in der Rothenbachstraße 48-50 in Heinersdorf als Wohnadresse an. Davor befand sich die Fabrik in der Weddinger Hussitenstraße 13 bevor sie 1894 das Grundstück in Heinersdorf erwarben und die Fabrik neu errichteten. Der Fabrikant Friedrich Tinius wurde ehrenamtlicher Bürgermeister von Heinersdorf und verdingte sich einen Namen wegen seinem Einsatz um die vorstädtische Entwicklung von Heinersdorf. Die Fabrikation wurde nach dem 2. Weltkrieg durch den Sohn seines Bruders, Heinz Tinius bis 1972 weiter geführt, bis sie dann in die Wirtschaftsvereinigung „Obst, Gemüse und Speisekartoffeln“ (Venetia) verstaatlicht wurde. Nach Friedrich Tinius wurde in Heinersdorf eine Straße benannt.
Vorortbahnhof Pankow-HeinersdorfMit der Eröffnung eines Vorortbahnhofs sowie dem Anschluss an die Stettiner Eisenbahn lockte man nicht nur die Industriebetriebe in die Berliner Vororte, es zogen auch die benötigten Arbeitskräfte gleich mit. Der erste Bahnhof wurde 1893 als Pankow-Heinersdorf neu eingeweiht. Im Jahre 1914 wurde das vorher einfache Bahnhofsgebäude erneuert und es entstand in einer strengen Jugendstilvariante nach Pläner der Architekten Ernst Schwartz und Carl Cornelius ein neues Bahnhofsgebäude. Zwischen den Bahnhöfen Heinersdorf und Pankow entwickelte sich an der ein Rangier- und Güterbahnhof nebst Bahnbetriebswerk (1904) sowie ein Ringlokschuppen. Die Straßenbahn nahm 1911 ihren Betrieb auf und fuhr von der Uckermarkstraße in Schöneberg als No. 72 zur ehemaligen Kronprinzenstraße (Romain-Rolland-Straße) in Heinersdorf. Mit der Eingemeindung war es dann die Linie 73 und fuhr nur noch bis zum Dönhoffplatz in Mitte. Mit Kriegsende 1945 als Linie 71 verkehrte die Straßenbahn nach dem Wiederaufbau von Heinersdorf zur Jüdenstraße, ab 1967 über die Friedrichstraße zum Kupfergraben.
Bevor die Straßenbahn in Heinersdorf Einzug hielt, verkehrte die Pferdeeisenbahn zwischen Alexanderplatz und Heinersdorf. Die vormals verkehrenden Pferdeomnibusse wurden durch die Pferdeeisenbahn abgelöst. Die neue Pferdebahngesellschaft pachtete in Heinersdorf sechs Hektar Weideland, wo sich die pflastermüden Pferde erholen konnten. Heinersdorf hatte 1898 gerademal sechs Straßen. Es gab die Dorfstraße, Franzstraße, Rothenbachstraße, Maxstraße, Neukirchstraße und
Kleingartenanlagen zwischen Heinersdorf und BlankenburgNach der Jahrhundertwende nahm die räumliche sowie wirtschaftliche Verflechtung der ehemaligen Berliner Landgemeinden mit der Stadt zu, so dass es 1911 zum Zweckverband „Groß-Berlin“ kam. Es gab einige Versuche den Landgemeinden, so auch Heinersdorf den Beinamen „Berlin“ voran zu stellen. Dies genehmigte dann die Regierung ein Jahr später und Heinersdorf hieß dann Berlin-Heinersdorf. Gleiches galt für die Ortsteile Pankow, Buchholz, Rosenthal und Niederschönhausen und deren Kolonien Wilhelmsruh, Nordend und Schönholz. Mit dem Akt der Eingemeindung als 19. Verwaltungsbezirk von „Groß-Berlin“ gab es dann Widerstände. Die Ortschaften Blankenburg, Buch und Blankenfelde waren gegen die Einheitsgemeinde, die Ortschaften Pankow, Niederschönhausen, Rosenthal, Buchholz und Karow stimmten für die Einheitsgemeinde. Heinersdorf dagegen war in seinen Auffassungen gespalten und enthielt sich bei der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf. Am 27. April 1920 trat Heinersdorf dem 19. Verwaltungsbezirk Pankow bei und bildete mit den Landgemeinden Pankow, Niederschönhausen, Rosenthal, Buchholz, Karow und Buch die Einheitsgemeinde „Groß-Berlin“.
Heinersdorfer WasserturmWasserturm Mit Beginn des neuen Jahrhunderts wollte sich die noch eigenständige Gemeinde ein eigenes Rathaus bauen. Da aber die Gemeinde nicht über die dazu benötigten finanziellen Mittel verfügte und der erste Weltkrieg begann, wurde dieses Vorhaben von der Gemeinde erst einmal auf Eis gelegt. Lediglich der Rathausturm wurde fertig gestellt und mit einer Rathausuhr versehen, die dann über lange Zeit den Heinersdorfer die Zeit wies. Auf der Turmspitze krönte eine kupferne Kuppel. Der neue Turm sollte auch der örtlichen Wasserversorgung dienen. Von diesem Vorhaben nahm man ebenfalls Abstand, da der wirtschaftliche Fortschritt eine derartige Nutzung erübrigte. Die Umfunktionierung des Turmes als Wasserturm war ebenfalls überholt, denn das rasante Wachsen der Stadt machte es erforderlich größere Kapazitäten bereitzustellen, dem der Wasserturm nicht nachkommen konnte. Schließlich kam die Eingemeindung von Heinersdorf in den 19. Verwaltungsbezirk von Berlin Pankow und nun waren die ehrgeizige Repräsentationspläne ganz vom Tisch. Sollte es eines der ersten Bauwerke sein, die der Steuerverschwendung zum Opfer fiel? In der Zeit seines estehens hatte er zumindest alle geschichtlichen Ereignisse miterlebt.
Erste Nutzung war durch eine Grundschule, die dann 1935 in das durch den Architekten Richard Ermisch entworfene Schulgebäude nebst Turnhalle zogen. Dann kamen neue Machthaber, die das Objekt für die Hitlerjugend bzw. Volkssturm nutzte. Dieser installierte ein Jahr vor Kriegsende auf dem Turm eine Flakstellung, die der Abwehr von Luftangriffen dienen sollte. Auch die Siegermacht Russland hatten für den Turm Verwendung gefunden. Von hier aus wurde der Flugverkehr des Westberliner Flughafen Tegel überwacht, wo alle Flugzeuge für ihren Landeanflug den Luftraum über Pankow nutzen mussten. Mit der politischen Wende und der Übernahme des Wasserturmes in den Liegenschaftsfond kam die große Frage, was mit diesem Turm werden soll. Keiner will ihn haben. Einige Architekten machte futuristische Pläne für eine zukünftige Nutzung, fanden aber keine passenden Investoren. Der für die Wasserversorgung des Ortes gebaute Wasserturm von 1910 ragt noch heute wie ein Wahrzeichen aus dem Gelände des Schulhofes.
Milchhof Auf das Jahr 1911 geht ein weiteres Bauwerk in Heinersdorf zurück, als im benachbarten Weißensee das erste Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens eingeweiht wurde. An der Kniprodeallee entstanden neben dem gebauten Krankenhaus auch ein Kuhstall und eine Molkerei (Milchkuranstalt). In der Milchkuranstalt wurde neben der Milch auch Butter und Quark produziert, die nicht nur für die Patienten reichte, es konnte auch in der näheren Umgebung an die Bevölkerung geliefert werden. Um 1898 gab es in Weißensee 35 Abmelkbetriebe, die etwa 1500 Liter Milch für die Stadt Berlin lieferten. Mit Beginn des neuen Jahrhunderts begann um den stätig steigenden Markt in Berlin eine Handelskrieg zwischen dem städtischen Milchhandel und den ländlichen Milchproduzenten. Der Kuhstall und die Milchkuhanstalt gingen 1926 in die Verwaltung der Berliner Stadtgüter über und wurde zu einer Meierei umgebaut. Im Jahr 1949 wurde die Meierei dem VEB Meierei Berlin untergliedert. Schon vier Jahre später begann man in Heinersdorf (1953-56) mit dem Bau des neuen Milchhofs an der Romain-Rolland-Straße. Die alte Milchkuranstalt und dessen Wirtschaftsgebäude wurden von dem VEB Feinkost genutzt.
An der Berliner Straße entstand 1925 eine kleine Seifenfabrik. Aus dem Versammlungsprotokoll des Vorstands der Kleingartenanlage „Neu-Hoffnungstal“ vom 01. März 1925 geht hervor, dass gegenüber der Gartenanlage eine Seifenfabrik gebaut werden soll. Man verständigte sich darauf beim Amtsgericht in Weißensee Protest einzulegen, um den Bau zu verhindern. Dies half aber nichts, denn später findet sich in den Akten, dass es infolge der Verarbeitung von alten Knochen fürchterlich stank. Mit der Bebauung des Gebietes „Am Steinberg“ musste diese Fabrik weichen. Die freien Flächen zwischen Prenzlauer Promenade, Am Steinberg und Berliner Straße (Wasserturm) wurden nach Ende des 2. Weltkrieges als sog. Grabeflächen ausgewiesen. Diese dienten der Versorgung mit Obst und Gemüse, welches nach dem Krieg Mangelware war. Aus den Grabeflächen, auf denen eine Bebauung jeglicher Art untersagt war gingen die heute noch vorhandenen Kleingartenanlagen hervor.
Ahmadiyya Moschee Der in der Infrastruktur kaum gewachsene kleine Ortsteil von Pankow kam mit dem Bau einer Immobilie dermaßen an die Öffentlichkeit, die Heinersdorf in seiner Geschichte noch nie zu Teil kam. Gegenüber einem kleinen alten und allein stehenden Mietshaus mit einem ehemaligen kleinen Biergarten verkündete die Ahmadiyya Gemeinde 2006, dass sie in Heinersdorf eine Moschee bauen wolle, die die erste dieser Art in Ostberlin wäre. Ein eigentlich unbedeutendes Grundstück zwischen einem Fast Food Imbiss und einer Autowerkstatt, wo sich alte Garagen und ein alter Schornstein befanden wurde für den Bau der Moschee angekauft. Eigens war auf diesem Gelände ein Heizkraftwerk welches eine Sauerkrautfabrik aus DDR Zeiten mit Energie versorgte. Als bekannt wurde, was dort auf diesem Grundstück entstehen sollte, kam der lautstarke Protest nicht nur aus dem kleinen Ort selbst, sondern zog über ganz Pankow hinweg. Viele fragten sich, warum gerade dort, wo der Ausländeranteil am Geringsten ist ein islamisches Gotteshaus gebaut werden soll. In Heinersdorf wohnte kein einziger Anhänger dieser Gemeinde. Unter der Bevölkerung herrschte zu dieser Zeit Angst vor religiösen Fanatikern, die mit Anschlägen Schlagzeilen machten um ihre Ziele durchzusetzen. Stein des Anstoßes ist auch die Frage, wie man mit Frauen und Mädchen im Islam umgeht, dies passe nicht in die demokratische Weltanschauung unseres Staates.
Mit einem Desaster endete eine erste Informationsveranstaltung am 23. März 2006 in der überfüllten Grundschulturnhalle am Wasserturm. Mit „Wir sind das Volk“ wollten Pankower Bürger nicht mehr per Dekret regiert werden und die Unterstützung eines Pankower Politikers endeten mit Morddrohungen und selbst vor einen Brandanschlag auf dessen Wohnhaus schreckte man nicht zurück. Schließlich mussten die Vertreter der Ahmadiyya Gemeinde unter Polizeischutz aus der Turnhalle gebracht werden. Mit dieser Veranstaltung gründete sich auch gleich die Interessengemeinschaft „Pankow Heinersdorfer Bürger e. V.“, die gegen den Bau waren und wiederum eine Interessengemeinschaft der Befürworter „Heinersdorf öffne dich“, die den Bau unterstützten. Es wurde behauptet, dass sich die Bürgerinitiative aus rechten Mitgliedern gebildet habe, was aber in Wahrheit engagierte Bürger aus Heinersdorf sind, vertreten durch mehr oder minder prominenten Gestaltern des (Dorf-) Lebens; dem Pfarrer, die Heinersdorfer Grundschuldirektorin Marina Vogel, die lokale CDU, Ärzte, Rechtsanwälte und zahlreiche Gewerbetreibende. Große Demonstrationen wurden in Pankow organisiert, die Pankow schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Viele Pankower und Andere kamen hier zusammen. Die einen sprechen von „Islamischer Landsnahme“, die anderen von „Islamisierung“ in Pankow und schließlich stellt der evangelische Bischof Wolfgang Huber die Frage „Wozu und für wen braucht Heinersdorf eine Moschee?“, denn Angehörige dieser Glaubensrichtung gebe es in Heinersdorf nicht. Letztendlich sollte der Bau Thema einer Fernsehsendung (Menschen bei Maischberger) werden zu der auch der Sprecher der Gegner für den Bau mit eingeladen werden sollte. Dann kam aber kurz davor die Absage und Achim Swietlik bekam eine Absage. In einem persönlichen Brief an seine Mitstreiter äußerte er sich wie folgt;
Liebe Mitstreiter,
nachdem am Freitag die Freude über die Einladung zur Sendung “Menschen bei Maischberger” groß war und am Montagvormittag dem 05.02.07 um 10:00 Uhr noch ein positives persönliches Vorgespräch stattfand und 3 Stunden später die offizielle Einladung zugeschickt wurde, kam heute am Dienstagvormittag 06.02.07 (Tag der Sendung) die Ausladung. Die lapidare Begründung ist plötzlich angeblicher Zeitmangel während der Sendung. Ahmadiyya – Imam Tariq bleibt aber weiterhin Gast der Sendung, der Zeitmangel scheint ihn nicht zu betreffen. So zieht sich der “Rote Faden” der Ungleichbehandlung nach den Printmedien auch in die TV-Medien.
Viele Grüße – Achim Swietlik
P. S.: Irgendwer scheint eine Riesen Angst vor uns und unseren Argumenten zu haben!
Von Seiten der Medien war es sicherlich kein schöner Zug, denn die Einwohner aus Heinersdorf sind überwiegend ehemalige DDR Bürger und fühlen sich wie in alte Zeiten zurückversetzt, ihre Meinung ist nicht gefragt. Dies schürte nur noch mehr Misstrauen unter den Einwohnern und wurde noch mehr angeheizt, als das Gerücht aufkam, dass das ehemalige Rangiergelände zwischen Pankow und Heinersdorf durch die Ahmadiyyaner ebenfalls aufgekauft werde, die dann ihre Deutschlandzentrale von Mannheim nach Berlin verlegt.
Mitte Oktober 2008 war es dann soweit. Nachdem der Bau fertig gestellt wurde, konnte die Ahmadiyya Gemeinde mit zahlreichen geladenen Gästen ihre Einweihung feiern. Der eigens aus London angereiste spirituelle Oberhaupt Kalif Hazrat Mirza Masroor Ahmad, Bundestagsvizepräsident Thierse und der Pankower Bürgermeister Matthias Köhne zählte zu den geladenen Gästen. Wolfgang Thierse zitierte dabei einen alten Satz „Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden“ aus der Karl Liebknecht Bewegung der Jahrhundertwende, der auch von Bürgerrechtlern der ehemaligen DDR genutzt wurde. Nach dem ersten Freitagsgebet lud die Ahmadiyya Muslim Gemeinde alle Menschen aus der Umgebung ein, das neue Gotteshaus zu besichtigen. Am Eingang wurde hierzu eine Tafel angebracht, auf der steht „Willkommen – Liebe für alle – Hass für keinen“. Zum „Tag der offenen Tür“ kamen dann viele, erst zögerlich, dann aber immer mehr. Der Imam der Gemeinde, Abdul Basit Tariq begrüßte alle die kamen und beantwortete auch alle Fragen, die die Besucher stellten. So entwickelten sich Gesprächsrunden und die unmittelbaren Nachbarn konnten einen Blick in die Moschee werfen. Bleibt zu hoffen, dass das Versprechen der Gemeinde ihr Haus für jedermann offen zu halten nicht nur ein Versprechen bleibt bzw. beide Seiten friedlich nebeneinander leben können.