Heinersdorf – Hinrichstorpe

Die Entstehung des Dorfes Hinrichstorpe fällt wahrscheinlich in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts, als die Markgrafen Johann und Otto das Ackerland an neuansiedelnde Bauern und Kossäten verpachteten. Der Ortsname Heinersdorf leitet sich vermutlich von einem Gründer namens Heinrich ab, der eine Holzkirche im Dorf errichten ließ. Erstmals schriftlich erwähnt wurde Heinersdorf im Jahr 1302, was auch durch ein Siegel der Kirchengemeinde belegt wird.

Besitzverhältnisse und kirchliche Bindung

Von 1319 bis 1539 befand sich Heinersdorf im Besitz des Heiliggeist-Hospitals von Berlin, das 1272 durch Bäcker gegründet wurde und später auch vom Schneiderhandwerk unterstützt wurde. Der Markgraf Woldemar verkaufte das Dorf 1319 für 150 Mark brandenburgischen Silbers an dieses Spital. Das Heiliggeist-Hospital übte das Patronatsrecht über die Kirche aus und besaß sowohl die obere als auch die untere Gerichtsbarkeit über Heinersdorf. Es erhob zudem Pacht- und Zinszahlungen, Wagendienste und Holzungsrechte.

Wirtschaft und Sozialstruktur

In Heinersdorf gab es Voll- und Halbbauern, Kossäten und Hüfner. Die Landwirtschaft wurde durch eine Getreidemühle, eine Laufschmiede und einen Krug ergänzt. Im Landbuch Karl IV. wurden 1375 insgesamt 36 Hufen verzeichnet, von denen vier dem Pfarrhof und zwölf dem Heiliggeist-Hospital gehörten. 1527 und 1541 sank die Hufenanzahl auf 33 bzw. 32. 1624 gab es im Dorf zehn Hüfner, einen Hirten und zwei Kossäten.

Verwaltung und Besitzwechsel

Nach vielen Besitzerwechseln kaufte die Familie von Fuchs 1691 das Dorf, das jedoch weiterhin teilweise im Besitz des Heiliggeist-Hospitals blieb. 1718 trennte sich der Magistrat von den Eigentumsanteilen und Rechten des Hospitals und verkaufte diese an die kurmärkische Amtskammer. Heinersdorf wurde Teil des Amtes Niederschönhausen und später dem Amt Mühlenhof unterstellt.

Infrastruktur und Handwerk im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert zählte Heinersdorf neben Bauerngehöften zwei Windmühlen, vier Getreidemühlen, darunter eine holländische Mühle, vier öffentliche Gebäude sowie über zwanzig Wohn- und dreiundfünfzig Wirtschaftsgebäude. Mitte des Jahrhunderts siedelten sich auch erste Handwerker im Dorf an.

Seilwerke Paul Volkmann: Ein Stück Berliner Industriegeschichte

Gründung und Bedeutung für Berlin

Im Jahr 1865 wurde in der Neukirchstraße 62 die Seilfabrik Paul Volkmann gegründet, die sich rasch zu einem bedeutenden Industrieunternehmen in Berlin entwickelte. Mit einem Ladengeschäft in der Badstraße 18 im Wedding etablierte sich das Unternehmen fest in der Berliner Wirtschaftslandschaft. Die Fabrikation in Heinersdorf konzentrierte sich auf die Produktion von Hanf- und Drahtseilen, die insbesondere an militärische Einrichtungen wie die Armee und Marine, sowie an königliche und staatliche Behörden geliefert wurden.

Spezialisierung auf die Aufzugsindustrie

Mit der Zeit erkannte das Unternehmen die wachsende Bedeutung der Aufzugsindustrie und spezialisierte sich auf die Herstellung von Spezialseilen für diesen Sektor. Diese Fokussierung erwies sich als strategisch klug und brachte dem Unternehmen weiteren Erfolg.

Auswirkungen der Weltkriege und der Berliner Mauer

Trotz der Zerstörungen, die die beiden Weltkriege mit sich brachten, überstand die Seilfabrik diese Zeiten nahezu unbeschadet. Jedoch stellte der Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 eine Zäsur dar. Viele Mitarbeiter, die im Westteil Berlins lebten, waren nun von ihrem Arbeitsplatz abgeschnitten. Auch der Eigentümer konnte seine Fabrik nicht mehr erreichen, was schließlich zur Enteignung und Verstaatlichung des Unternehmens führte.

Neugründung im Westen und Herausforderungen

Die im Westteil Berlins lebenden Eigentümer und Angestellten ließen sich jedoch nicht entmutigen und gründeten die „Berliner Seilfabrik Robert Schneider KG“. Sie versuchten, das Unternehmen trotz ihres fortgeschrittenen Alters und den Herausforderungen der Internationalisierung neu aufzubauen. Schließlich ging das Unternehmen nach einem Zwischenverkauf an das Bauunternehmen Wilhelm Radmer KG in die Hände des neuen Eigentümers „Berliner Seilfabrik Herrmann Pfeiffer“ über. Dieser passte das Unternehmen an den Markt an und errichtete ein neues Werk in der Reinickendorfer Lengeder Straße.

Neuausrichtung und Innovation

In den frühen 1970er Jahren nahm das Unternehmen eine weitere Neuausrichtung vor und begann mit der Produktion von Seilen für Spielgerüste, was eine innovative Wendung in seinem Produktportfolio darstellte.

Das Ende des Ostberliner Unternehmens

Auf der anderen Seite der Mauer, im Ostteil Berlins, führte der „VEB Seilwerke Berlin“ die Tradition fort, bis er nach der politischen Wende abgewickelt wurde. Die Geschichte der Seilwerke Paul Volkmann zeugt von den Herausforderungen und Veränderungen, die die Berliner Industrie durch politische und wirtschaftliche Umbrüche erfahren musste.

Die Gründerjahre und ihre Auswirkungen auf Heinersdorf

Während die Gründerjahre in vielen Gebieten Berlins zu intensiver städtebaulicher Entwicklung führten, blieb Heinersdorf von großen architektonischen Veränderungen weitgehend unberührt. Der Ortsteil, der sich nahe der wichtigen Ausfallstraße vom Prenzlauer Tor in Richtung des Barnimer Landes befand, behielt seinen ländlichen Charakter auch während dieser Wachstumsperiode.

Eisenbahn und Bevölkerungswachstum

Ein Wendepunkt für Heinersdorf war die Anbindung an das Eisenbahnnetz mit der Eröffnung der Strecke nach Bernau im Jahr 1871. Mit der Inbetriebnahme des Bahnhofs Pankow-Heinersdorf zog der Ort verstärkt Gewerbetreibende an, was zu einem Bevölkerungsanstieg führte. Die Menschen siedelten sich insbesondere zwischen dem historischen Dorfkern und dem neuen Bahnhof an, wodurch das Ortsbild Heinersdorfs sich allmählich veränderte.

Entstehung von Kleingartenkolonien

Zwischen Heinersdorf und den nördlich gelegenen Ortsteilen Blankenburg und Buchholz entwickelten sich Kleingartenkolonien. Diese grünen Oasen, die bis heute rund um den markanten Wasserturm erhalten sind, boten Arbeitern und ihren Familien Erholung und die Möglichkeit, eigenes Gemüse anzubauen. Unterstützt wurden diese Anlagen unter anderem vom Roten Kreuz, das sich für die Verbesserung der Lebensqualität der Arbeiter einsetzte.

Wohnentwicklung Richtung Pankow

Auf der dem Ortsteil Pankow zugewandten Seite von Heinersdorf vollzog sich eine allmähliche Bebauung mit Einfamilienhäusern entlang der Verkehrsachse nach Pankow-Heinersdorf. Dieser Wandel reflektierte den zunehmenden Wunsch nach individuellem Wohnraum und trug zur attraktiven Durchmischung des Ortsbildes mit städtischen und ländlichen Elementen bei.

Die Heinersdorfer Kirche: Ein historisches Bauwerk

Architektonische Merkmale der Heinersdorfer Kirche

Die Heinersdorfer Kirche, ein Zeugnis mittelalterlicher Baukunst, ist im Herzen des historischen Dorfangers angesiedelt. Trotz der zahlreichen Veränderungen, die sie im Laufe der Jahrhunderte erfahren hat, lassen sich noch immer Elemente ihres Ursprungs erkennen. Die Kirche, die früher von einer Feldsteinmauer umgeben war, zeigt heute noch vermauerten Feldstein, der auf die mittelalterliche Bauweise hinweist. Die äußere Gestalt der Kirche wurde über die Jahre verändert, was an den modifizierten Außenmauern und vermauerten Fenstern deutlich wird. Trotzdem zeugen der regelmäßige Feldsteinquader des ehemaligen Rechtecksaals und der westliche verbretterte Dachreiter von der ursprünglichen Struktur.

Innenraumgestaltung und historische Ausstattung

Im Innenraum der Kirche finden sich verschiedene Baustile, die auf unterschiedliche Epochen hinweisen. Die schlichte Eleganz des schmalen Spitzbogenfensters an der Nordseite und die großformatig gerahmten Blendbögen sind markante Elemente, die Parallelen zur Berliner Heiliggeist-Kapelle aufweisen könnten. Die Südseite der Kirche präsentiert sich mit einer gelben Backstein-Vorhalle, die ein Netzrippengewölbe aus dem 16. Jahrhundert beherbergt. Im östlichen Teil der Kirche fasziniert ein barockes Stichkappengewölbe die Besucher.

Bedeutende kirchliche Gegenstände

Die Kirche war einst Ausstellungsstätte für wertvolle kirchliche Gegenstände, darunter ein Kelch, ein Pacem und eine silberne Monstranz aus dem 16. Jahrhundert. Von den mittelalterlichen Glocken ist eine beschädigte auf dem Kirchhof zu finden, die größte von dreien. Die kleinste Glocke mit ihren Engel- und Löwenmotiven könnte aus dem 13. Jahrhundert stammen, während die beiden anderen im frühen 16. Jahrhundert gegossen wurden.

Die Kalksteintaufe und ihre Inschrift

Ein besonderes Highlight im Kircheninneren ist die kalksteinerne Taufe, die mit einer Messingtaufschale aus dem Jahr 1629 gekrönt ist. Diese Schale trägt ein Relief von Adam und Eva sowie eine biblische Inschrift, die zur Taufe ermahnt und Segen verheißt.

Lasset die Kindlein zv mir kommen vnd wehret ihnen nicht, gehet hin in alle Welt leret alle Heiden vnd taufet sie in den Nahm: Got des Vaters, Sohns vnd Heil: Geist wer glaubt vnd getauft wird, der wird selig amen.

Inschrift Taufschale Heinersdorfer Kirche

Umbauten und Erweiterungen im Wandel der Zeit

Im Laufe der Zeit wurde die Kirche durch Anbauten wie den Westturm im 19. Jahrhundert und ein Querhaus sowie einen Rechteckchor in den 1930er Jahren erweitert. Diese Ergänzungen veränderten das Erscheinungsbild der Kirche erheblich, sodass vom ursprünglichen einschiffigen Feldsteinbau aus dem 14. Jahrhundert nicht mehr viel übrig ist.

Der erhaltene Westturm und die Orgel

Trotz aller Veränderungen blieb der Westturm in seinem Ursprung erhalten und beherbergt noch heute drei alte Bronzeglocken aus dem 15. Jahrhundert. Die Orgel, ein Werk der Orgelbaufirma Schuke, wurde 1935 eingebaut und verfügt über zwei Manuale mit 20 Registern.

Das Pfarrhaus und das Margaretenheim

Das ursprüngliche Pfarrhaus ist nicht mehr vorhanden, wurde aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch einen Neubau ersetzt. Das Margaretenhaus und die charakteristische Außenmauer mit Torbogen ergänzten die kirchliche Anlage. Der Margaretensaal im Inneren des Margaretenhauses diente als Fest- und Veranstaltungsort für die Kirchengemeinde und wurde nach Sanierungsarbeiten im Jahr 2007 erneut eingeweiht.

Heinersdorfer Spritzenhaus und Historische Bauten

Das Spritzenhaus von Heinersdorf

In Heinersdorf findet sich das ehemalige Spritzenhaus der lokalen Feuerwehr, das heute als nostalgisches Wahrzeichen dient. Mit seinem Fachwerkgiebel, der für die Bauweise um das Jahr 1750 typisch ist, fügt es sich harmonisch in das Ensemble des alten Kirchhofes ein. Dieser Bau zeugt von der langen Geschichte des Feuerlöschwesens und der architektonischen Traditionen der damaligen Zeit.

Villen und Bauernhöfe als Zeugen des Wohlstands

Neben dem Spritzenhaus zählt die ehemalige Villa eines vermögenden Pferdehändlers aus dem Jahr 1876 zu den sehenswerten Gebäuden von Heinersdorf. Die Villa entstand auf dem Grundstück eines vierseitigen Bauernhofs. Hier errichtete der Pferdezüchter nicht nur ein Wohnhaus, sondern auch Stallungen und einen Taubenturm, was auf den Reichtum und die Bedeutung des Pferdehandels in dieser Region hinweist.

Friedhöfe: Spiegel der Lokalgeschichte

Mit der stetig wachsenden Einwohnerzahl wurde im Jahr 1890 ein städtischer Friedhof angelegt, der sich in unmittelbarer Nähe des alten Kirchhofes befindet. Die dazugehörige Feierhalle folgte fünfzehn Jahre später. Eine besondere Erbbegräbniswand gewährt Einblick in die lokale Dorfgeschichte und verzeichnet Namen bekannter sowie weniger bekannter Hofbesitzer – ein Zeugnis des sozialen Gefüges und der Vergangenheit von Heinersdorf.

Friedrich Tinius: Vom Sauerkrautproduzenten zum Bürgermeister

Die Tinius-Brüder und die Sauerkrautfabrikation

Friedrich Tinius war gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm ein führender Sauerkrautproduzent in Berlin. Ihr Geschäft befand sich zunächst in der Weddinger Hussitenstraße 13 und wurde nach dem Erwerb eines Grundstücks in Heinersdorf im Jahr 1894 an den neuen Standort verlegt. Zwischen 1909 und 1911 errichteten sie ein Wohnhaus in der Raumerstraße, das sowohl die privaten Wohnungen als auch Büro- und Lagerräume für das Unternehmen beherbergte. Während Wilhelm bis zu seinem Tod in diesem Haus blieb, nutzte Friedrich das Gebäude in der Rothenbachstraße in Heinersdorf als Geschäftsadresse.

Engagement und Vermächtnis von Friedrich Tinius

Friedrich Tinius engagierte sich ehrenamtlich als Bürgermeister von Heinersdorf und trug maßgeblich zur vorstädtischen Entwicklung des Ortes bei. Seine Verdienste wurden gewürdigt, indem eine Straße in Heinersdorf nach ihm benannt wurde. Die Sauerkrautfabrikation blieb bis 1972 in Familienhand, als sie durch Heinz Tinius, den Sohn von Wilhelms Bruder, geführt wurde. Danach wurde das Unternehmen in die Wirtschaftsvereinigung „Obst, Gemüse und Speisekartoffeln“ (Venetia) integriert und verstaatlicht.

Diese historischen Begebenheiten spiegeln das industrielle und soziale Erbe von Heinersdorf wider, das heute noch in der Struktur und den Straßennamen des Ortes nachvollzogen werden kann.

Entstehung und Entwicklung des Vorortbahnhofs Pankow-Heinersdorf

Der Vorortbahnhof Pankow-Heinersdorf markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung der Berliner Vororte. Mit seiner Eröffnung im Jahr 1893 und dem Anschluss an die Stettiner Bahn wurden nicht nur die Industriebetriebe in die Region gelockt, sondern auch die Arbeitskräfte folgten. Das ursprünglich einfache Bahnhofsgebäude erfuhr 1914 eine umfassende Erneuerung. Unter der Federführung der Architekten Ernst Schwartz und Carl Cornelius entstand ein neues, im strengen Jugendstil gehaltenes Bahnhofsgebäude. Die Infrastruktur wurde ebenfalls ausgebaut; es entwickelte sich ein Rangier- und Güterbahnhof sowie ein Bahnbetriebswerk mit einem Ringlokschuppen im Jahr 1904.

Anbindung durch Straßenbahn und Veränderungen im Laufe der Zeit

Die Anbindung Heinersdorfs an das öffentliche Verkehrsnetz verbesserte sich weiter mit der Inbetriebnahme der Straßenbahn im Jahr 1911. Die Linie 72 verband zunächst die Uckermarkstraße in Schöneberg mit der damaligen Kronprinzenstraße (heute Romain-Rolland-Straße) in Heinersdorf. Nach der Eingemeindung wurde die Linie in 73 umbenannt und fuhr nur noch bis zum Dönhoffplatz in Berlin-Mitte. Nach dem Zweiten Weltkrieg, ab 1945, nahm die Straßenbahnlinie 71 wieder ihren Betrieb auf und fuhr nach dem Wiederaufbau von Heinersdorf zunächst zur Jüdenstraße und ab 1967 über die Friedrichstraße bis zum Kupfergraben.

Von Pferdeeisenbahn zu moderner Verkehrsanbindung

Vor der Ära der elektrischen Straßenbahn war die Pferdeeisenbahn das Verkehrsmittel, das Heinersdorf mit dem Alexanderplatz verband. Sie ersetzte die zuvor genutzten Pferdeomnibusse und bot eine effizientere Fortbewegungsmöglichkeit. Die neue Pferdebahngesellschaft nutzte ein sechs Hektar großes Weideland in Heinersdorf, das den Pferden als Erholungsort diente. Im Jahr 1898 zählte Heinersdorf gerade einmal sechs Straßen, was die damalige Beschaulichkeit des Ortes unterstreicht.

Die Entwicklung des Verkehrsnetzes spielte eine entscheidende Rolle für das Wachstum und die Attraktivität von Heinersdorf als Wohn- und Arbeitsort. Der Bau des Vorortbahnhofs Pankow-Heinersdorf und die fortschreitende Anbindung an die Berliner Innenstadt trugen maßgeblich zur Urbanisierung bei. Die Veränderungen im öffentlichen Verkehr, von der Pferdeeisenbahn bis zur modernen Straßenbahn, spiegeln den technologischen Fortschritt und die Anpassung an wachsende Mobilitätsbedürfnisse wider. Heinersdorf, einst ein ruhiger Vorort, hat sich zu einem integralen Bestandteil des pulsierenden Berliner Stadtgefüges entwickelt.

Eingemeindung Heinersdorfs in Groß-Berlin

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts intensivierte sich die räumliche und wirtschaftliche Verflechtung der Berliner Landgemeinden, was 1911 zur Gründung des Zweckverbandes „Groß-Berlin“ führte. Im Zuge dessen wurde der Name Heinersdorf zu Berlin-Heinersdorf, und ähnliche Namensänderungen traten auch für andere Ortsteile in Kraft. Die Einstellungen zur Eingemeindung in die Einheitsgemeinde „Groß-Berlin“ waren jedoch gemischt, und während einige Gemeinden sich dagegen wehrten, befürworteten andere die Eingliederung. Heinersdorf selbst war in der Frage gespalten. Schließlich wurde Heinersdorf am 27. April 1920 Teil des 19. Verwaltungsbezirks Pankow und somit ein Teil der Einheitsgemeinde „Groß-Berlin“.

Der Rathausturm von Heinersdorf

Bevor Heinersdorf eingemeindet wurde, plante die Gemeinde den Bau eines eigenen Rathauses. Allerdings fehlten die finanziellen Mittel, und mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurden die Pläne aufgegeben. Lediglich der Rathausturm wurde erbaut und mit einer Uhr versehen, die lange Zeit den Bürgern die Zeit anzeigte. Ursprünglich sollte der Turm auch der Wasserversorgung dienen, doch der technische Fortschritt und das Wachstum der Stadt machten dies überflüssig. Nach der Eingemeindung verlor das Projekt vollständig an Bedeutung, und der Turm wurde anderen Zwecken zugeführt.

Diverse Nutzungen des Rathausturms

Der Rathausturm erlebte im Laufe der Jahre zahlreiche Nutzungen. Anfangs beherbergte er eine Grundschule, die später in ein neu errichtetes Gebäude umzog. Unter den Nationalsozialisten diente der Turm der Hitlerjugend und dem Volkssturm, und gegen Ende des Krieges wurde auf ihm eine Flakstellung installiert. Nach dem Krieg nutzte die sowjetische Besatzungsmacht den Turm zur Überwachung des Flugverkehrs über West-Berlin. Nach der politischen Wende stand der Turm leer, und trotz innovativer Architektenpläne fand sich kein Investor für eine neue Nutzung.

Das Säuglings- und Kinderkrankenhaus in Weißensee

1911 wurde in der Nachbargemeinde Weißensee das erste Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens eingeweiht. Neben dem Krankenhaus entstanden eine Milchkuranstalt sowie Kuhställe, die nicht nur die Patienten versorgten, sondern auch die lokale Bevölkerung. Um den Bedarf der wachsenden Stadt Berlin zu decken, entbrannte ein Handelskrieg zwischen städtischen und ländlichen Milchproduzenten. Die Milchkuranstalt wurde später in eine Meierei umgewandelt und ging schlussendlich in den Besitz des VEB Meierei Berlin über.

Die Seifenfabrik und die Entwicklung der Kleingartenanlagen

Im Jahr 1925 entstand in Heinersdorf eine kleine Seifenfabrik, die jedoch bei den Anwohnern aufgrund des Gestanks, der durch die Verarbeitung alter Knochen entstand, unbeliebt war. Die Fabrik musste später dem Gebiet „Am Steinberg“ weichen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die freien Flächen zwischen Prenzlauer Promenade, Am Steinberg und Berliner Straße als Grabeflächen für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt, aus denen später die heutigen Kleingartenanlagen hervorgingen.